Urban und weltgewandt
Pangrati ist der Inbegriff eines mittelständischen Wohnviertels mit einer definitiv künstlerischen Aura. Hier waren und sind Musiker, Schriftsteller, Regisseure, Akademiker und Journalisten zuhause, zu den früheren Bewohnern gehörten der Komponist Manos Chatzidakis und der Lyriker Jorgos Seferis. Dies trägt zu einer lebendigen Cafékultur bei, die von zwei Kerngebieten ausgeht, dem Platia Proskopon und dem Platia Varnava. Geschäfte, Restaurants, kleine Bars und Grünflächen – zuzüglich einiger Galerien, eines Filmkunstkinos und eines Theaters – spiegeln die kosmopolitische Lebensweise der Bewohner wider. Das im Oktober 2019 eröffnete Museum für moderne Kunst der B&E-Goulandris-Stiftung stärkte das Profil der Gegend bei den Besuchern, die bereits vom Panathenäischen Stadion und dem Ersten Athener Friedhof angezogen wurden. Das künstlerische Ambiente ist nun mit der Wiedereröffnung des vorzeige Kunstrepositoriums der Stadt, der Nationalgalerie, Anfang 2021 komplett. Die einzigartige Atmosphäre hier bewegt sich zwischen Extravaganz und Konvention. Dies ist eine der begehrtesten Wohnlagen in der Stadt, und es war schon immer schwer, in Pangrati oder Mets eine Wohnung zu finden, weil die Leute hier zwar her- aber kaum wegziehen. Obwohl es technisch gesehen im Stadtzentrum liegt, ist die Stimmung hier dezidiert anders: Pangrati ist nicht der Ort, wo Neues beginnt, sondern wo es sich einrichtet.
Das Panathenäische Stadion
Als Pierre de Coubertins Vision, die Olympischen Spiele wiederzubeleben, 1896 Wirklichkeit wurde, war die Wahl des Stadions alles andere als zufällig. Unter den (damals geplünderten) Marmortribünen des 204 Meter langen ovalen Stadions befanden sich die Ruinen einer Arena aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., die für die Panathenäischen Spiele, einen der vier großen sportlichen Wettkämpfe des Altertums, und später von römischen Gladiatoren genutzt wurde. Ein privater Wohltäter, Georgios Averoff, finanzierte den schönen Wiederaufbau des Stadions aus leuchtend weißem Marmor aus dem selben Steinbruch am Penteli-Berg, der vor Jahrtausenden das Baumaterial für die Akropolis geliefert hatte – was der Anlage ihren volkstümlichen griechischen Namen Kallimarmaron, das Schönmarmorne, gab. Falls das Erklimmen der 50 Sitzreihen in diesem weltweit einzigen komplett aus Marmor gebauten Stadion abschreckend auf Sie wirken sollte, können Sie die Eratosthenous-Straße hochlaufen und dann in die Archimidous zum Hintereingang einbiegen. Dieser führt zu einem Laufweg entlang dem oberen Rand des Stadions, der sich bei Joggern besonderer Beliebtheit erfreut. Folgen Sie dem Pfad durch den bewaldeten Ardettos-Hügel, um einen der besten Blicke auf das Athener Stadtzentrum und die Akropolis zu erhaschen.
Platia Proskopon
Nirgends ist das „alte“ Pangrati deutlicher sichtbar als am Platia Proskopon, einem kleinen, schattigen Geviert, das an zwei Seiten von Gebäuden begrenzt wird und an der dritten von einer engen Straße. Cafés und Restaurants bevölkern den Ort, wobei der Überschuss als Bindeglied zur Cafészene von Pangrati in die Straßen Amynta und Archelaou hineinschwappt. Der abgeschlossene Raum schafft eine Intimität, die intensive, aber auch entspannte Gespräche fördert, wenn die Gäste sich bei einem Tsipouro mit Meze über die letzten politischen Entwicklungen oder den neuesten Film auslassen. Es ist nicht ungewöhnlich hier auf Politiker zu treffen, die an einem der Tische eine Verschnaufpause einlegen, und der Ort war unter Künstlern längst beliebt, als Manos Chatzidakis das Magemenos Avlos zu seinem Stammlokal machte.
Platia Varnava
Der Platia Varnava ist die hippe Antwort von Pangrati auf die umfriedete Kühle des Platia Proskopon. Eher ungewöhnlich für einen Athener Platz findet das Geschehen nicht im Zentrum, sondern an der Peripherie und in den Seitenstraßen statt, bis hinüber zum kleineren Platia Plastira. Die bescheideneren Wurzeln dieses Quartiers überleben noch in den Männern, die vor dem Frisörladen nur wenige Meter neben einem der ersten mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Athener Restaurants ein Schwätzchen halten. Die Cafés und Meze-Bars erstrecken sich entlang der Empedokleous, einer schattigen, verkehrsberuhigten Straße, in der Palmwedel über die Maulbeerbäume ragen. Rentner, die freitags auf dem Wochenmarkt, der mehrmals im Jahr die Platzseite wechselt, über Produkte feilschen, mischen sich ohne weiteres mit tätowierten Jugendlichen, die Freddos aus Einweckgläsern schlürfen.
Das Postmuseum
Die E-Mail hat dem einst so beliebten Hobby des Briefmarkensammelns fast den Garaus gemacht. Aber wie die Vinylplatten erlebt auch die Philatelie ein Comeback – und das Postmuseum liefert die nötigen Einzelheiten, um Sie in kürzester Zeit zum Griechenlandexperten zu machen. Auch ohne den Hauch vergangener Zeiten, den sie verströmen, bieten Briefmarken einzigartige Einblicke in die Geschichte eines Landes, indem sie zeigen, wen und was es ehren wollte. Hier finden sie eine Serie von 1962 zu Ehren der Elektrizität, Hermes auf frühern griechischen Marken von 1861 und die Originalentwürfe bekannter Künstler wie Tasos. Holen Sie sich am Verkaufsstand ein Retro-Souvenir: vergessen Sie nicht, sich auf Ihren Kauf den Original-Hermes-Stempel setzen zu lassen.
Der Erste Athener Friedhof
Tod und Bestattung sind konstante Themen in der griechischen Zivilisation seit der Antike. Und es ist gut möglich, dass die kitschigen Plastik-Blumenkränze, die entlang der Anapafseos-Straße – wörtlich Straße der ewigen Ruhe – und vor dem Tor zum Ersten Friedhof verkauft werden, damals ihr Gegenstück hatten. Aber dieser Tand bereitet Sie kaum auf die Pracht der grandiosen Grabmäler im Inneren vor. Die 17 Hektar große Nekropole zählt offiziell zu den nationalen Museen, da Schlüsselfiguren der griechischen Geschichte in einigen der rund 10.000 Grabstätten bestattet sind. Frühere Ministerpräsidenten, Filmstars, sogar der deutsche Archäologiepionier Heinrich Schliemann liegen unter teils bemerkenswerter Bildhauerei begraben. Nicht alle Grabmale tragen Namen. Die simple Bronzestatue einer Frau, die ein Baby an ihren ausgemergelten Körper drückt, ist den Opfern der Besetzung durch die Nazis gewidmet. Ein anderes besonderes Grabmal unter all der Marmorpracht ist dasjenige des Dichters Kostas Varnalis, eine avantgardistische Bronze mit dem simplen Satz „Friede, das Königreich menschlicher Freundschaft“.