Die legendären griechischen Kioske, besser bekannt als Periptera.
Bestimmt treffen Sie während Ihres Athen-Aufenthalts auf eine Vielzahl von ihnen, und zweifelsohne werden Sie sich mindestens einmal etwas von dort besorgen. Die Periptera sind etwas wie Supermärkte im Kleinstformat an Straßenecken und Plätzen, deren winzige Größe über ihr riesige Produktpalette hinwegtäuscht: alles Mögliche, von Zeitschriften über Jogurt und Papiertaschentüchern bis hin zu Bier. Die meisten sind bis spät nachts geöffnet, einige, insbesondere im Stadtzentrum, sind rund um die Uhr geöffnet.
Der erste Athener Kiosk erschien im Jahre 1911 in der Panepistimiou-Straße. Wahrscheinlich würde er heute noch dastehen, hätte der Bau der nahe gelegenen Metro-Station nicht seinen Einsturz verursacht (niemand wurde verletzt).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts (und bis vor einigen Jahren) wurden Kioske ausschließlich an Kriegsversehrte vergeben, um ihnen einen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Die Lizenzen wurden nach ihrem Ableben an die Witwen und Kinder vererbt. Anfangs verkauften die Kioske nur Zeitungen. Nach dem Ersten Weltkrieg begann man mit dem Verkauf von Zigaretten und ein paar Süßigkeiten, aber ansonsten war die Auswahl begrenzt, denn gemäß dem Gesetz durften die hölzernen Standplätze die Größe von 70x70cm nicht überschreiten.
Im Lauf der Jahrzehnte entwickelte sich das Periptero und nahm langsam sein heutiges Aussehen an. Erst kamen Erfrischungsgetränke dazu, später dann Schokolade und Kaugummi. Kühltruhen wurden installiert, und heute findet man dort praktisch alles, außer Steaks und Geflügel. Das Warenangebot ist standortbedingt. Am Syntagma-Platz und überall im Stadtzentrum sorgen die Kioske für die Bedürfnisse der Touristen und verkaufen Souvenirs und ausländische Zeitungen. In Wohnvierteln weiß der Kiosk-Besitzer, der sogenannte Peripteras, welche Zigarettenmarke jeder seiner Kunden aus der Nachbarschaft raucht, welche Zeitung er liest und zu welcher Tageszeit sie vorbeikommen, um sie zu besorgen. Falls die Kunden etwas brauchen, das der Kiosk nicht vorrätig hat, bestellt der Peripteras es für sie. Das ist so Tradition.
Die wahrscheinlich größte Success-Story in der Geschichte des Periptero ist die des ‘Minion’. 1934 eröffnete Giannis Georgakas einen Kiosk an der Ecke Stadiou-Straße und Patission-Straße und nannte ihn Minion. Neben Zigaretten und Zeitungen erweiterte er sein Warenangebot um Kugelschreiber, Sonnenbrillen und diverse Pflegeprodukte. Im Laufe der nächsten 20 Jahre wuchs sein Geschäft an auf ein riesiges Kaufhaus mit über 1000 Angestellten. Es war das erste Kaufhaus mit Aufzügen in Griechenland.
Leider wurde in den letzten Jahren die Mehrzahl der gelben, hölzernen Kioske geschlossen oder abgerissen. In Anbetracht der 24-Stunden-Minimärkte, die überall in der Stadt auftauchen, sowie dem kürzlich gefassten Beschluss der Regierung, demzufolge die alten Lizenzen nicht erneuert werden, nicht zu vergessen der Auswirkungen der Finanzkrise, wodurch sich über 500 Kioskbesitzer zur Schließung ihres Kiosks gezwungen sahen, befindet sich ein einzigartiges Merkmal des Athener Stadtbildes im Wandel.
Fragen Sie irgendeinen der älteren Bewohner Athens, was das Periptero für ihn bedeutet. Man wird ihnen antworten: Es war ein lokaler Treffpunkt. Man wird Ihnen sagen, dass man in den 1950er- und 1960er-Jahren von dort aus telefonierte, als ein Telefonanschluss zuhause noch ein unerhörter Luxus war; dass man jeden Sonntagmorgen, komme was wolle, dorthin eilte, um die Sonntagszeitung zu kaufen. Dort las man unter der Woche, Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Augen in die Höhe gerichtet, die Titelblätter der mit Wäscheklammern an Leinen gehefteten Zeitungen. Die Schnurtelefon-Generation erinnert sich an die Münzfernsprecher, die an jedem Kiosk installiert waren und wodurch man den Satz "Hallo, ich rufe vom Periptero an" öfter zu hören bekam als "Guten Tag".
Bis heute bleiben die alles andere als kleinen Bollwerke der Geschichte ein unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens für jeden Einwohner Athens. Ihnen werden sie sich als genauso unverzichtbar erweisen. Wo sonst findet man Schwämme, Sonnenschirme, Amulette, mit denen man den bösen Blick fernhält, Kühlschrankmagneten, Eiscreme, Wasser, Kekse und Zeitschriften unter einem Miniatur-Dach?