„An der Uni haben sie uns bei den Archäologen erzählt, dass man einen Mythos nur genügend quetschen muss, um wenigstens ein Stück historischer Wahrheit herauszupressen“, sinniert unsere Führerin Eva Koureta beim Start der Tour. In den nächsten der Stunden wird ausgiebig gequetscht, während wir dieses Gebäude erkunden, das dank bahnbrechender Architektur, seines Designs und seines antiken Inventars zu den zehn wichtigsten Museen der Welt gezählt wird.
Zunächst besprechen wir die reiche und of gewaltsame Geschichte des Akropolis-Hügels. Invasoren kommen und gehen, dass einem ganz schwummerig werden kann (Perser, Römer, Osmanen, Venezianer …): Jedes Mal wurden die Bauten oben auf dem Heiligen Fels – wie er bei den Griechen heißt – platt gemacht oder geplündert. Oder beides.
Wir sprechen über das Königtum, die Aristokratie und schließlich die Demokratie, bis wir bei Perikles sind, dem visionären Staatsmann, der Athen nach der persischen Invasion im 5. Jahrhundert v. Chr. wiederaufgebaut hat. Es war Perikles, der den Tempel zu Ehren der Göttin Athene bauen ließ, und so viele der Bauten, die wir heutzutage bewundern. Oder besser: heut Nacht.
Das antike Athen erwacht zum Leben
Der Aufstieg zu den Hängen der Akropolis, dem ersten Museumssaal, führt mit jedem Schritt tiefer ins antike Athen hinein. Vielleicht liegt es an dem historischen Kontext, den wir gerade in uns aufgenommen haben, oder vielleicht ist es die Begeisterung unserer Führerin für die Objekte, die fast unter unseren Füßen freigelegt wurden. Oder wir sind gerade in Nachts im Museum, und der Ort beginnt zum Leben zu erwachen (wie im Hollywodfilm).
Eva sagt uns alles über die Kylix, eine flache Trinkschale, aus dem man in der Antike Wein trank, „aber stets mit Wasser gemischt, denn Wein wurde während der philosophischen Gespräche getrunken … und nur Barbaren tranken ungemischten Wein“, Ich höre fast, wie der marmorne Perikles in der Nähe missbilligend in meine Richtung mit der Zunge schnalzt.
Weiter geht’s durch die Statuen aus dem archaischen Zeitalter vom 7. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende der Perserkriege (449 v. Chr.). Okay, sie sind unbeweglich, aber sie erwachen auf andere Weise zum Leben. In einem Raum, der so gestaltet wurde, dass der Effekt des natürlichen Lichts beim Besuchserlebnis eine zentrale Rolle spielt, ist es faszinierend zu sehen, wie es die Dunkelheit draußen erlaubt, sich die originale Farbgebung der Statuen noch lebhafter vorzustellen. Blau, rot, grün, gelb – sogar Weiß wurde aus einem natürlichen Pigment gewonnen und mit Eigelb oder Honig gebunden. „Sollte ein alter Grieche das Museum besuchen, er würde aufschreien ‚MALT SIE AN!’“, erklärt Eva.
Geschichten von der Akropolis
Geschichte, Mythologie, Kunst, Mode … Sie geben den Blickwinkel der Führung vor und Eva richtet sich danach. Aber es gibt gewisse Highlights, die niemand auslassen kann. Die Karyatiden – diese würdevollen Frauengestalten, die die Vorhalle des Erechtheion (eines Tempels an der Nordseite der Akropolis) tragen – sind ein herrlicher Anblick. Der leere Kreis für die fehlende Karyatide, die Lord Elgin in einer umstrittenen Aktion (zusammen mit fast der Hälfte des 150-Meter-Frieses des Parthenon) im frühen 19. Jahrhundert entfernt und dem British Museum verkauft hat, ist ein meisterhafter stiller Protest.
Modelle von Rekonstruktionen erlauben Ihnen, die Details antiker Steinbaukunst zu studieren. Und man kann eine gute Stunde mit dem Studium einer Lego-Rekonstruktion des Akropolis-Ensembles zubringen – ganze 200.000 Teile. (Wenn Sie genau hinschauen, dann sehen Sie Theseus, den der Minotaurus jagt, und Elton John bei einem Konzert im Odeon des Herodes Atticus).
Weniger ist mehr (außer es geht um den Parthenon-Fries)
Jeder landet am Schluss ganz oben im Parthenon-Saal. Geplant, den Parthenon zu spiegeln, bietet er einen perfekten Blick auf seinen Gegenstand, und Sie können um den Parthenon-Fries herumlaufen (in Teilen original und teils in Abgüssen).
„Manchmal geht es nicht darum, was man hinzutut, sondern was man wegnimmt“, sagt Eva, während wir auf den beleuchten Parthenon drüben schauen und darüber nachsinnen, wie viel dramatischer das Museum bei Nacht wirkt. „Wenn man das Tageslicht fortnimmt, dann entfernt man die Autos und die Gebäude des modernen Athen und behält nur den Parthenon zurück. Man wird augenblicklich in die Antike befördert.“
Top-Tipp: Das Museumsrestaurant, wo Sie ein Freigetränk genießen, ist bis Mitternacht geöffnet, und freitags spielt dort eine Live-Jazzband. Machen Sie sich also einen schönen Abend dort.
Wie lautet das Urteil?
Das Akropolismuseum ist eines der großen Museen der Welt. Bei Tag oder bei Nacht wird man es schwerlich nicht genießen. Aber eine personalisierte nächtliche Führung lässt das Museum auf andere Weise zum Leben erwachen.
- Dauer: 3 Stunden (19-22 Uhr, jeden Freitag)
- Preis: Ab 66 € pro Person (für eine Gruppe von 8 Personen), inklusive und Freigetränk.
- Zeit: 19.00