Falls Sie schon einmal in Athen waren, dann haben Sie sicherlich die Wachablösung vor dem Parlament verfolgt oder sind in den umliegenden Straßen auf die eleganten, langsam marschierenden Soldaten getroffen. Vielleicht haben Sie auch vergebens versucht, aus diesen stets stoischen Infanteristen – winkend, Grimassen schneidend, fotografierend – eine Reaktion herauszulocken.
Obwohl es Menschen gibt, die behaupten, dass die Evzonen auf das homerische, byzantinische und das nachfolgende osmanische Zeitalter zurückgehen, beginnt ihre Geschichte offiziell 1867, als vier Infanterieregimenter zum Schutz der Grenzen des Landes gebildet wurden. Ihre Tapferkeit in den Balkankriegen und in zwei Weltkriegen brachte ihnen einen fast göttergleichen Ruhm ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Regimenter im Rahmen der Modernisierung der Streitkräfte aufgelöst, bis auf eines, das noch in der Hauptstadt besteht. Seine Rolle ist rein zeremoniell. Die Evzonen bewachen rund um die Uhr das Präsidialpalais und das Grabmal des unbekannten Soldaten. Sie ziehen jeden Sonntag kurz nach Sonnenaufgang die griechische Fahne auf der Akropolis auf und holen sie zum Sonnenuntergang wieder ein. Sie begleiten den Präsidenten auf allen Staatsbesuchen ins Ausland, heißen ausländische Staatsgäste willkommen und nehmen an zwei Paraden zu Jahrestagen teil. Einige von ihnen vertreten ihr Vaterland bei der alljährlichen Parade zum griechischen Unabhängigkeitstag in New York und treiben vielen Amerikanern griechischer Abstammung Tränen des Stolzes in die Augen.
Haben Sie jemals versucht, zehn Minuten lang still dazustehen? Das ist längst nicht so einfach, wie man denken mag. Auf ihren Posten müssen die Evzonen absolut unbeweglich und ausdruckslos eine Stunde stehen. Der Schlüssel dazu ist Selbstkontrolle. Sie werden einer Spezialausbildung unterzogen, um diese Unbeweglichkeit, diesen Stoizismus zu erzielen, wie auch, um die Dramaturgie ihres synchronisierten Marsches zu perfektionieren.
Die Präsidialgarde ist eine Eliteeinheit. Soldaten, die ihren Wehrdienst ableisten, werden nach Köperkraft und anderen Merkmalen handverlesen. Ein Evzone muss mindestens 1,87 Meter groß sein, die Knie müssen beim Strammstehen vorzugsweise geschlossen bleiben, und er muss fit genug sein, um die Beine vollständig gestreckt auf Schulterhöhe heben zu können, wenn er tagein, tagaus hin- und hermarschiert. Dies wird alles durch eine fünf Wochen dauernde, streng geheime Ausbildung erreicht, die fast die Hälfte der ausgewählten Soldaten nicht zu Ende bringt.
Denjenigen, die die Ausbildung abschließen, wird ein „Bruder“ zur Seite gestellt, für gewöhnlich jemand, der ihnen sehr ähnlich sieht. Das Duo hilft einander beim Ankleiden; die Uniformen – im Sommer aus Baumwolle und im Winter aus Wolle – sind komplett handgenäht. Sie stehen gemeinsam Wache, und wenn einer von beiden seinen Pflichten nicht nachkommen kann, dann wird der andere mit niemandem sonst Wache stehen.
Jede Art Kommunikation im Dienst ist streng verboten. Allerdings begleitet ein Soldat in regulärer Uniform jedes Evzonen-Paar. Im Notfall hat jeder Evzone das Recht, sich an ihn zu wenden, indem er den Gewehrkolben auf den Boden schlägt. Der Soldat tritt dann vor ihn hin, stellt Fragen, und der Evzone zwinkert einmal für „ja“, zweimal für „nein“ und dreimal für „ich weiß nicht“. Falls jemand versucht, sie anzugreifen oder zu berühren, greift ihr Begleiter in Uniform ein.
Die Evzonen in Zahlen
Die Zahl der Falten im Rock, der Foustanella, die die Zahl der Jahre symbolisiert, in denen Griechenland osmanisch besetzt war.
Die Zahl der Monate, die für die Fertigstellung der bestickten Weste nötig sind.
Die Zahl der Nägel, mit denen die Sohlen der Schuhe, der Tsarouchia, beschlagen sind und die bei jedem ihrer graziösen Schritte das Knallen hervorrufen, das Sie hören. Das Geräusch ist symbolisch: Es soll den Ahnen melden, dass wir Griechen lebendig und frei sind.
Die Zahl der Stunden, die die Soldaten zum Anlegen der Uniformen brauchen können. Abgesehen von dem umständlichen Verfahren des Anziehens der Strumpfhosen, der Befestigung von Unterkleidung mit Bändern und des Bügelns glockenförmig ausladender Ärmel, müssen sie auch makellos gepflegt und glattrasiert sein.