Bordelle, Kabarette, Bars, Matrosen, Zuhälter, Nutten. Das typische Gesicht eines Hafens im frühen 20. Jahrhundert. Während Sie darauf warten, in Piräus an Bord Ihrer Fähre zu gehen, werden Sie kaum wissen, dass diese faszinierend zwielichtige Welt vor nicht allzu langer Zeit nur wenige Häuserblocks weiter blühte. Troumba, auf der linken Hafenseite, wenn man auf die Schiffe schaut, hat eine ziemlich turbulente Geschichte. Bis in die späten Sechzigerjahre waren kleinere Delikte und Schlägereien Betrunkener an der Tagesordnung, während drei nicht jugendfreie Kinos Filme für jene zeigten, die keine Lust hatten, dem Bordell zu frönen. Und da war auch die berühmte 6. Flotte der US Navy, die das das Grün der Schnäbel ins Rot der Lichter mischte. Es gab sogar eine Filmkomödie dazu, Kalos irthe to dollario (etwa; „Herzllich willkommen, Dollar“).
Die Kleinasiatische Katastrophe des Jahres 1922 spülte Massen von Griechen von der türkischen Westküste in Land, und viele ließen sich in Piräus nieder. Die Rembetiko-Musik wurde hier geboren – eine Musik der Unterwelt, der Armen, Lieder über das Elend, die Vertreibung und den Drogenrausch, oft begleitet vom trauergeschwängerten Tanz einzelner Männer. Sie schlug in Troumba Wurzeln, und der Geruch von Marihuana waberte aus den Tekedes, den Haschischkneipen, wo man die Musik wie auch das Kraut genießen konnte. Das Glücksspiel war ein anderer beliebter Zeitvertreib, befeuert durch die Armut und angefacht durch die erzwungene Vertreibung der Griechen aus der Türkei und dann durch die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg.
Troumba erreichte seinen Gipfel in den Sechzigerjahren, als die Zahl der Prostituierten auf 3.000 anstieg (offiziell waren es 500). Apartmenthäuser wurden zwischen den Bordellen und Kabaretten hochgezogen, und die Durchschnittsbürger begannen sich breitzumachen und Schilder aufzustellen, auf denen zu lesen war „Hier wohnt eine Familie“, um sich das lärmige Gesindel vom Hals zu halten.
1967 putschte sich in Griechenland das Militär an die Macht und schloss prompt jedes einzelne dieser Etablissements. Heute sieht man noch Spuren dieser Vergangenheit. Das schäbige Ciné Olympic zeigt noch Sexfilme. Neonschilder in Seitenstraßen zeigen rot blinkend weibliche Silhouetten und Cocktailgläser, und ein Aroma von Verwahrlosung scheint den Asphalt und Beton hier durchtränkt zu haben.
Trotzdem scheint Troumba auf seine Wiedergeburt zuzusteuern, bislang überwiegend in Sachen Speisen und Getränke und insbesondere in der ethnischen Küche. Reedereien haben den größten Teil der Gegend übernommen und ältere Gebäude sind verlassen oder hinter Baugerüsten versteckt. An Wochentagen werden Sie Herden von Männern in Anzügen sehen, die zu Geschäftsessen eilen oder zur Stoßzeit ungeduldig die Hupen ihrer Luxuskarossen bedienen.
Lassen Sie all das inter sich und genießen Sie ein feuriges Currygericht oder pikante Asia-Nudeln im Rouan Thai. Der Betreiber, ein früherer Seemann, verliebte sich auf einer seiner Reisen in seine heutige Frau. Sie und die gemeinsame Tochter sind die Zauberhände, die hinter der Küche des Restaurants stehen.
Wenn Sie mehr auf Italienisch stehen, können Sie im nahe gelegenen Speranza einen Kaffee, einen Salat oder ein ausgiebiges Mittagessen genießen. Dieser Ort, der zwei griechisch-sizilianischen Schwestern, Astrid und Sonia, gehört, bietet täglich eine Liste mit köstlichen Tagesgerichten. Wir haben die Pasta (Schocker) und den Linsensalat gegessen, als wir gingen, aber probieren Sie ruhig alles, was Ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, und vergessen Sie nicht, Dessert zu bestellen. Stellen Sie einfach sicher, dass Sie an einem Wochentag hingehen, da sie samstags und sonntags geschlossen haben.
Das Nachtleben hat auch in Troumba eine neue Bedeutung erhalten, allerdings in der für Pireaus typischen Weise. Gehen Sie ins Beluga oder Madama, und in der Regel wird um 1 Uhr morgens griechische Musik erklingen und mehr als ein Einheimischer tanzen auf dem Tisch. An Wochentagen kann dieses Phänomen auch in Restaurants beobachtet werden, die sich gegen 19 Uhr plötzlich in Clubs verwandeln.
Der Geist der Gegenkultur ist in Troumba nicht totzukriegen.