Halten Sie Ihren Finger immer am Drücker (Ihres Smartphones oder Ihrer Kamera), denn Athen ist eine Stadt, die nie stillsteht. An jeder sonnigen Ecke findet man instagrammable Motive oder Szenen, die man verewigen möchte. Wer wäre besser dazu geeignet, Tipps zu geben, wie man die unerschöpfliche Geschichte Athens am besten einfängt, als die Leute, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen? Wir haben mit einigen der besten Athener Fotografen gesprochen, die sich mit unterschiedlichen Bereichen der Fotografie beschäftigen (vom Fotojournalismus bis zur Straßenfotografie), um zu erfahren, was sie inspiriert, was man von ihnen lernen kann, indem man die Stadt durch ihren Fokus sieht – und wie man die Stadt mit der Kamera in der Hand am besten erkundet.
Angelos Giotopoulos—@sunnylens
“Athen hat mir definitiv dabei geholfen, als Fotograf zu wachsen“, erklärt der in Melbourne geborene Fotograf Angelos Giotopoulos, der im Jahre 2004 in die griechische Hauptstadt umsiedelte. „Athen ist eine Stadt ohne Schnörkel. Es gibt keine Geheimnisse zu entdecken, es ist, was es ist.“
Als Freiberufler für griechische und internationale Medien tätig, ist Angelos auch Mitbetreiber von Lost Athina, einer angesehenen Quelle für Athener Subkultur und die unerzählten Geschichten der Stadt. Man begegnet ihm oft, wie er ein DIY Punk-Konzert mit einem 90er-Jahre-Camcorder aufzeichnet oder eines der vielen inoffiziellen Athener Fahrrad-Events fotografiert.
“Athen hat unglaublich helle und hohe Gebäude, die tolle Schatten werfen. Mit Licht zu malen wird zur Lebensart“, erläutert Angelos. „Ich habe keinen Lieblingsort, aber ich genieße es, in meiner Nachbarschaft, Kato Patissia, zu fotografieren. Es ist, als hätte ich die Multikulturalität Melbournes nie verlassen. Ich ziehe die Diversität unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen vor, das Vermischen von Kulturen und ihre Entwicklung. So behalten die Dinge ihre Anziehungskraft und bieten Fotografen immer Stoff zum Dokumentieren.“
Fanis Pavlopoulos—@fanellas
“Athen habe ich durch die Fotografie entdeckt”, sagt der ehemalige Schauspieler und jetzige Fotograf Fanis Pavlopoulos. „Ich habe die Stadt gründlich erkundet, um neue Foto-Locations zu finden. Ich habe eine Schwäche für Symmetrie und urbane Landschaften. Athen kann mancherorts ziemlich schmutzig sein, aber das Licht über der Stadt zu verschiedenen Tageszeiten kann sie dennoch schön erscheinen lassen.“
Aufgewachsen in einer Künstlerfamilie, stand Fanis das erste Mal mit zehn Jahren auf der Bühne. Er liebäugelte mit der Innenarchitektur, wurde schließlich aber doch Schauspieler. Vor acht Jahren lud er sich das erste Mal Instagram vom Internet herunter, betrat die Welt der Fotografie und ist zu einem der meistgefolgten griechischen Instagrammer geworden. Bis heute durchkämmt er die Stadt auf der Suche nach inspirierenden Orten, um mit seiner Kamera oder seiner Drohne zu fotografieren.
„Die Athener Riviera, der südliche Rand des Großraums Athen, der sich von Faliro bis Vouliagmeni erstreckt, ist bei Sonnenuntergang perfekt mit seinen schönen Stränden und seinen sommerlichen Aussichten“, sagt er. „Der Lykabettus-Hügel bietet einen grenzenlosen Ausblick über die Stadt; Viktoria, meine Nachbarsachaft, hat unglaubliche verlassene Gebäude, während Kypseli sich fantastisch für Fassaden- und Straßenfotografie eignet.“
Taken by Icarus—@takenbyicarus
“Ich versuche, die Stadt auf eine Weise einzufangen, wie es vor mir noch niemand gemacht hat“, erklärt Stelios Kotsovilis, der besser bekannt ist unter seinem Instagram-Titel, Taken By Icarus. „Aber es ist nicht leicht und braucht Zeit.“
Stelios verbringt Stunden – manchmal Tage – damit, die Stadt nach neuen Winkeln oder Gegenden zu durchkämmen, die noch nicht fotografiert worden sind. Aber das Ergebnis rechtfertigt den Aufwand, den er in seine Arbeit steckt. Er zeigt Athen auf eine sehr individuelle Art: normalerweise fotografiert er bei Nacht oder in dunklen Winkeln der Stadt lauernd, wobei er Techniken wie lange Belichtungszeiten anwendet, um der hektischen Dynamik Athens eine sublime, ätherische Qualität zu verleihen.
“Wenn man Athen von hoch oben durch Luftbildfotografie sieht, nimmt man ein Chaos wahr“, erklärt er. „Eine große Stadt breitet ihre Betonflügel aus, ohne erkennbare architektonische Form oder Struktur. Wenn man jedoch einen näheren Blick auf die Stadt wirft, dann bemerkt man innerhalb dieses urbanen Wahnsinns interessante Perspektiven. Mit meinen Bemühungen, mich nur auf die positiven Blickwinkel zu konzentrieren, wächst meine Leidenschaft, das nächste Bild einzufangen.“
I Love Athens Project—@iloveathensproject
Als Modefotograf sollte Giorgos Malekakis Athen immer so darstellen, dass es so aussah wie Paris, Milano oder Beirut – aber auf keinen Fall wie Athen. Als Griechenland im Jahre 2009 in eine große Rezession stürzte, kehrte ein großer Teil der einheimischen Modeindustrie zurück; aber George fühlt, dass sich das dargestellte Bild Athens nicht verbesserte. Es blieb gespalten zwischen „Touristenbroschüren-Kitsch“ und kritischem Fotojournalismus, der die Obdachlosigkeit, die Not und die Unruhen in der Stadt dokumentierte.
Einen entscheidenden Schritt vorwärts machte Malekakis mit dem ‘I Love Athens Project‘ – einer Plattform für Fotografie und Kultur, über die George und der Mitbegründer Dimitris Ntavantzis Anstrengungen unternehmen, um ein aufrichtigeres und differenziertes Bild des wirklichen Athen zu repräsentieren.
“Athen ist einmalig auf der Welt. Es ist von so vielen Einflüssen geprägt und verfügt über eine so starke Dynamik und Persönlichkeit. Es ist super-multikulturell, planlos und anarchisch. Aber jahrelang wollten die Griechen sich immer als etwas anderes ausgeben – sie wollten die Ausländer nachahmen“, sagt George. „Das Projekt ist ein Aufruf, seine Umgebung unter einem neuen Blickwinkel zu betrachten und sein Umfeld schätzen zu lernen.
George interessiert sich für Gegenden, in denen die Schönheit unbeachtet schlummert und wo Leute sich für den Wandel der Dinge einsetzen. „Ich habe schon lange die Wiederbelebung von Keramikos dokumentiert. Die Geschichte dieses Viertels ist vernachlässigt worden, aber die Straßenkunst und die Untergrund-Kultur haben seinen Charakter zum Besseren verändert. Keramikos ist voller Überraschungen und – das gilt auch für den Rest der Stadt – wenn man offen ist für Neues, entdeckt man eine Vielzahl interessanter Dinge.“
Alexis Efstathopoulos—@alef79
“Ich bin mit einer Kamera in der Hand aufgewachsen”, sagt der Archäologe und Fotograf Alexis Efstathopoulos, dessen Vater ebenfalls Fotograf war. „Ich glaube, dass die Archäologie meinen Blick auf die Stadt, der Vergangenheit und ihrer Überbleibsel beeinflusst hat. Das Projekt My Dead Toys Society hatte verwaistes Spielzeug im Stadtgebiet zum Thema, während ich für das Projekt Sunday Visitors alte Fotos nutzte, die ich im Müll oder auf Flohmärkten fand.“
Alexis’ Fotografie porträtiert Athen als eine dunkle aber nichtsdestotrotz betörende Schönheit, was seine vielschichtige Beziehung zur Stadt reflektiert. „Athen ist eine faszinierende Stadt für Fotografen, denn es gibt interessante Leute, die man in den Straßen beobachten kann, und einen immerwährenden Widerspruch zwischen Altem und Neuem, Verfall und Schönheit“, sinnt er.
Für Alexis ist der Omonia-Platz eine der vielschichtigsten Gegenden zum Fotografieren. Er hat den Platz über zwei Jahre hinweg auf einem 35mm-Film dokumentiert. „Omonia befindet sich in einem immerwährenden Wechsel. Mir gefällt die Idee, den Wandel der Gegend und ihrer Bevölkerung über die nächsten zehn Jahre aufzuzeichnen“, sagt er. „Die alten Arkaden um Omonia eignen sich großartig für Architektur-Fotografie. Gehen Sie nach Kypseli, wenn Sie ein Faible für Straßenfotografie haben, oder besuchen Sie den Nationalgarten im Zentrum Athens, wenn Sie Pflanzen und Natur mögen.“
Eva Balasi—@evabalasi
Eva Balasi ist eine junge Fotografin und Videofilmerin, die im Bereich Mode und Lifestyle beschäftigt ist. Sie arbeitet zusammen mit Hard.clo, einer aufstrebenden Athener Modemarke, die von Evas Freund, George Mesimeris, ins Leben gerufen wurde. Eva dokumentiert ebenfalls die aufkommende weibliche Athener Skater-Szene.
“Athen ist eine große Stadt voll mit riesigen Kontrasten, was meinem persönlichen Fotografie-Stil entspricht“, sagt Eva. „Ich kombiniere gern Modefotografie mit den raueren Seiten der Stadt. Es kann gut sein, dass man gerade an den Orten auf die Underground- und Kultaspekte Athens trifft, wo man es am wenigsten erwartet, wie etwa in einem unscheinbaren Lebensmittelladen. Athen hat etwas Authentisches an sich, das voll von Erinnerungen an das alte Athen ist.“
Evas Lieblingsplätze zum Fotografieren sind die, welche die Mannigfaltigkeit der Stadt offenbaren.
“Der Pakistani-Markt nahe dem Omonia-Platz gibt einem das Gefühl, als befinde man sich plötzlich in einem ganz neuen Kontinent mit unterschiedlichen Farben, Gerüchen und einer ganz anderen Atmosphäre“, sagt sie. „Das Anafiotika-Viertel ist eine weitere endlose Inspirationsquelle; die kykladische Architektur der Gassen dort ist zeitlos und unbezahlbar. Das Metaxourgeio-Viertel inspiriert mich ebenfalls. Es ist eine Gegend der gelben Lichter, Freudenhäuser und kleiner traditioneller Cafés, und es ist die Heimat der einzigen Skateranlage in Athen, dem Latraac.”