Athen ist gesteckt voll mit Sehenswürdigkeiten, die man unbedingt gesehen haben muss, aber die Stadt ist auch herrlich unvorhersehbar. Lassen Sie die üblichen Touristenattraktionen und Selfie-Spots links liegen, und Sie werden ungewöhnliche Museen, Avantgarde-Galerien, unkonventionelle Nachbarschaften und Untergrund-Clubs entdecken. Folgen Sie unserem Zwei-Tages-Führer, und Sie werden ein Athen erkunden, das so authentisch wie unerwartet ist.
Erster Tag
Morgen
Beginnen Sie den Tag in Mets, einem der am wenigsten touristischen und doch schönsten Athener Innenstadtviertel. Die baumgesäumte Markou Mousourou ist die verschlafene Hauptstraße, und das Leben der Ortsansässigen dreht sich um das Odeon, ein altmodisches Café, das die Dorfatmosphäre des Viertels atmet. Wandern Sie zum Ardettos-Hügel hinauf, um unerwartete Ausblicke auf die Akropolis zu genießen – er überblickt auch das Panathenäische Stadion, das von einer der fotogensten Laufstrecken der Welt eingefasst wird. Die steilen Straßen, die den Ardettos umgeben, sind ein Flickenteppich aus uralten Häuschen, klassizistischen Bürgerhäusern mit wuchernden Bougainvileen und Apartmenthäusern im Bauhaus-Stil.
Erster Tag
Mittagessen
Die Lebenden und die Toten existieren an der Anapafseos-Straße (was wörtlich Straße der Ewigen Ruhe heißt) in stiller Eintracht nebeneinander. Zwischen Blumenläden und Grabsteinmetzen, die den Ersten Athener Friedhof versorgen, liegt versteckt das Olympion, eine opulente Kantine, wo sich Bestatter, Taxifahrer, Studenten und Rentner für eines der besten Preis-Leistungs-Verhältnisse in der Athener Gastronomie einfinden. Sie können Ihre Gerichte aus den in der Küche ausgestellten Blechen und Töpfen wählen – vielleicht stehen ja der wohlige Rindseintopf, die gefüllten Tomaten oder die Riesenbohnen aus dem Ofen auf der täglich wechselnden Speisekarte.
Erster Tag
Nachmittag
Die Anapafseos-Straße endet am Ersten Friedhof, einer der faszinierendsten, kaum bekannten Sehenswürdigkeiten Athens. Sie müssen weder Schlange stehen noch Eintritt zahlen, um dieses Freilichtmuseum mit seinen Marmorgräbern und Kunstvollen Skulpturen zum Gedenken an die Guten und die Großen zu erkunden. Streifen Sie durch die Wege und schauen Sie, ob Sie die Ruhestätten der Schauspielerin Melina Mercouri, des Architekten Ernst Ziller, des Archäologen Adolf Furtwängler oder des britischen Schriftstellers T. H. White finden. (Das Half Note, einer der ältesten Jazzclubs in Athen, liegt gleich neben dem Friedhof, falls Sie sich nach der Grabesstille etwas in Schwung bringen wollen.)
Erster Tag
Abend
Wenn Athener gut essen wollen, dann gehen sie nach Petralona, einem unauffälligen Wohnviertel am Fuß des Philopappos-Hügels. Dort findet man Tavernen vom alten Schlag (wie Oikonomou), neumodische Tsipouradika (wie das Rendez-vous) und ganztags geöffnete Cafés (wie das Babouras), die alle an der Troon- und der Kydantidon-Straße sowie rund um den Merkouri-Platz liegen. Gesellen Sie sich zu den Schauspielern, die sich im Aster, einem modernen griechischen Bistro, über kretischen Käsepasteten das Maul zerreißen. Oder gehen Sie in die Küche, um den Tagesfang im Therapeftirio in Augenschein zu nehmen, wo allerfrischester Fisch und Meeresfrüchte zu riesigen Salaten und Bergen unwiderstehlicher Pommes gereicht werden.
Und wie wär’s nach dem Essen mit einer Spätvorstellung im Kino? Die Athener Kinos haben um 10.30 oder 11 Uhr noch eine Vorstellung, und die fremdsprachigen Filme sind im Original mit Untertiteln. Wenn Sie im Sommer in der Stadt sind, bietet sich das Zefyros an, ein atmosphärisches Freilichtkino in Petralona. Im Winter können Sie sich einen Kultfilm im Midnight Express reinziehen, einen nächtlichen Filmclub, der an den meisten Wochenenden im Kino Riviera in Exarchia stattfindet.
Zweiter Tag
Morgen
Alle antiken Klassiker abgehakt? Athen ist voller ungewöhnlicher Museen, die Aspekte der griechischen Kultur erkunden, die Ihnen vielleicht unbekannt sind. Die Wohnung des wegweisenden griechischen Malers Nikos Hadjikyriakos-Ghika – ein herrliches Gebäude aus den Dreißigerjahren in Kolonaki – ist heute ein Museum (die Ghika-Pinakothek), das seinem Leben und Werk gewidmet ist. Sein Atelier ist noch genau so, wie er es bei seinem Tod zurückgelassen hat. Das nahe gelegene Katakouzenos-Museum ist ein weiteres Museum in einer Privatwohnung. Angelos Katakouzenos und seine Frau Leto unterhielten literarische Salons in diesem herrlichen Apartment voller seltener Antiquitäten, Bücher, Fotos und Kunstwerke, Geschenken von Freunden wie Picasso und Chagall. Man kann es nur auf Vereinbarung besuchen, rufen Sie also vorher dort an.
Das als ältestes Haus Athens bekannte Benizelos-Patrizierhaus ist ein seltenes Beispiel für die osmanische Architektur mitten in der Souvenir-Meile des Plaka-Viertels. Wenn Sie in den umfriedeten Hof nebst Wein- und Ölpresse treten, reisen Sie zurück in ferne Jahrhunderte.
Zweiter Tag
Mittagessen
Das Handelsdreieck, das überwiegend aus Fußgängerzonen bestehende Gassengewirr zwischen den Plätzen Syntagma, Monastiraki und Omonia, ist voller altertümlicher Kurzwaren-, Eisenwaren- und Stoffläden. Viele Straßen werden durch Passagen voller eigenartiger Geschäfte verbunden, also lohnt es sich, dort herumzustöbern. Oder besser noch, Sie machen eine Führung zu Fuß durch diese Passagen mit der Grafikerin und Stadtkartographin Natassa Pappa – sie wird Ihnen Orte zeigen, die sogar von den meisten Athenern übersehen werden.
Abgesehen von jeder Art Imbiss – von Sushi bis Falafel, China-Nudeln und Empanadas – findet man in diesem Gebiet auch jede Menge traditionelle Esslokale. Dorthin gehen die örtlichen Landebesitzer und Büroangestellten für einen schnellen Mittagstisch, also können Sie davon ausgehen, dass das Essen dort stets gut ist.
Zweiter Tag
Nachmittag
Das einstige Oberschicht- und heutige Arbeiterviertel Kypseli ist eine faszinierende Mischung aus dem Athen früherer Tage, Immigranten und Nachwuchskünstlern. Diese neuerdings wieder schwer angesagte Gegend ist voller herrlicher Vorkriegsbauten und alternativer Kunstgalerien. Tauchen Sie im der Galerie Blank Wall und der Galerie Hot Wheels in die örtliche Kunstszene ein oder gehen Sie die Fußgängerzone Fokionos Negri zur Städtischen Markthalle von Kypseli, wo sie Start-Up-Läden sozialer Unternehmer finden werden. Dieses denkmalgeschützte Gebäude aus der Zwischenkriegszeit beherbergte bis in die frühen Nullerjahre den Lebensmittelmarkt der Gegend und trug dazu bei, den Athener Zentralmarkt in der Athinas-Straße zu entlasten. In jüngster Zeit (und nach einer Reihe von Renovierungen, von denen die letzte im Jahr 2023 von der Stadt Athen durchgeführt wurde) ist es das pulsierende Herz des Viertels. Die Markthalle ist die Heimat einer wunderbaren Reihe kleiner Unternehmen, die eine nachhaltige Denkweise verfolgen und traditionelles griechisches Handwerk mit sozialem Bewusstsein verbinden. Von Keramik und Weberei bis hin zu Illustration und Honigherstellung. Außerdem gibt es zwei Räume für Pop-up-Shops, die regelmäßig wechseln. Mit einem reichhaltigen monatlichen Veranstaltungsprogramm wie Workshops, Basaren und Lebensmittelmärkten sowie einer kompakten Dauerausstellung über die Geschichte der Region ist die Markthalle zu jeder Stunde und an jedem Tag voller Leben.
Zweiter Tag
Abend
Legen Sie einen Stopp für einen Aperitif im Au Revoir ein, der ältesten Bar von Athen, einer winzigen Fünfzigerjahre-Zeitkapsel, die von einem bekannten griechischen Architekten jener Zeit, Aristomenis Provelengios, gestaltet wurde. Ihr Dry Martini ist legendär. Oder hängen Sie mit den Hipstern, Afro-Athenern und Kids, die mit ihren Rädern herumflitzen, am Agios-Georgios-Platz ab, dem Brennpunkt der Regeneration von Kypseli. Nach ein paar Drinks in einem der Cafés oder einer Bar am Platz (das It’s a Village ist die heißeste Adresse), werden Sie dankbar eines der Hausmachergerichte im Nostimies tis Mairis genießen, einer nächtlichen Institution dieses Viertels, wo Schauspieler aus den nahen Theatern nach der Vorstellung wieder Kraft tanken und auf den Boden kommen.